Seit Jahrzehnten, sei mindestens 30 Jahren steht die strukturelle sowie inhaltliche Reform des Justizwesens auf der Agenda des italienischen Gesetzgebers. Die strengen Verpflichtungen, welche die EU mit dem Recovery-Programm 2021 auferlegt hat, haben diesem Prozess neuen Impuls gegeben: Mit dem Italian and Resilience Plan (RRP, Piano di riforma e di resilienza) ist Italien eine umfangreiche Reform des Justizsystems eingegangen, das langsam konkrete Gestalt annimmt, allerdings erst Ende 2024 abgeschlossen sein wird.

Ein anspruchsvolles, ehrgeiziges Vorhaben, welches das ganze Justizwesen betrifft und eine längst überfällige Lösung für die zwei Hauptprobleme der italienischen Justiz sucht: Die Länge und Komplexität der Verfahren und den Korporatismus unter Richtern und Staatsanwälten.

Ziel dieses Webinars ist, den Reformweg seit 2021 bis Ende 2024 zu skizzieren und kurz auf die wesentlichen Änderungen in der Organisation des Justizwesens sowie beim Straf-, Zivil- und Arbeitsgerichtsverfahren hinzuweisen. Etwas detallierter werden die sog. ADR-Maßnahmen (Alternativ Dispute Resolution) sowie die – von Vielen als epochal bezeichnete - Reform des Personen- und Familienrechts erörtert.

Für Übersetzer und Dolmetscher, die sich mit dem italienischen Recht befassen, wird sich wahrscheinlich durch die Reform, terminologisch gesehen, nicht viel ändern: neue Verfahrensarten, einige wenige neue Begrifflichkeiten und strukturelle/ inhaltliche Änderungen bei einigen Textsorten. Diese werden im Vortrag integriert.

Zielgruppe:

Übersetzer*innen und Dolmetscher*innen, die mit italienischem und deutschem Recht zu tun haben sowie auf die Entwicklung europäischer Rechtsordnungen interessierte Dritte.

Der Vortrag wird auf Italienisch gehalten; er wird anschließend in italienischer und deutscher Sprache zur Verfügung gestellt.

Über die Referentin

Frau Dr. (Univ. Mailand) Maria Teresa Poggi-Reber ist Italienerin, hat in Italien Jura studiert und dort die Übersetzer-und Dolmetscherausbildung abgeschlossen. In Deutschland ist sie zugelassene Rechtsanwältin und ermächtigte Übersetzerin für die italienische Sprache (Jura). Sie hat an den Universitäten Mailand und Como sowie beim Eurac in Bozen juristische Fachübersetzung unterrichtet. Sie hat juristische Texte aus dem deutschen ins Italienische, u.a. zusammen mit Pasquale Stanzione das Buch von Inga Markowitz: Sozialistisches und bürgerliches Zivilrechtsdenken in der DDR übersetzt, Aufsätze über italienisches und lateinamerikanisches Recht veröffentlicht, war in deutsch-italienischen Anwaltskanzleien und als Dozentin für Rechtsübersetzungen an den Universitäten in Mailand und Como tätig. Sie hat auch Terminologiearbeit für die Europäische Akademie in Bozen (Familien-, Erb-, Sachenrecht - Bistro) geleistet. Sie arbeitet seit fünfzehn Jahren als Übersetzerin für Gerichte, Anwälte und (deutsch-italienische) Firmen und hält Vorträge, Seminare und Webinare über deutsches und italienisches Recht für Übersetzer und Dolmetscher in Deutschland (BDÜ) und Italien (AITI).